Wer die Augen schliesst und an Albrecht Dürer (1471-1528) denkt, der sieht etwas. Sei es sein Selbstbildnis aus dem Jahr 1500, in dem er es wagte sich ikonenhaft und christusgleich zu inszenieren, sei es das in Aquarell ausgeführte Rasenstück, mit dem er den Boden unter unseren Füssen zum Bildgegenstand auf Augenhöhe erhob oder sei es sein omnipräsenter Kupferstich der nackten Ureltern, in dem er seine Studien zur Proportion des menschlichen Körpers zusammenfasste und zugleich bewies, dass Künstler wie er keine Farben brauchen, um die Natur selbst zu übertreffen.
Ob die Wirkmacht eines Künstlers oder einer Künstlerin über die Zirkel eines elitären kunstaffinen Publikums hinausreicht, bemisst sich daran, ob man ihn oder sie auch ausserhalb von wohltemperierten Museumsräumen antrifft. Reproduktionen von Albrecht Dürers Bildschöpfungen haben so ziemlich jeden erdenklichen Ort erobert: vom Schulbuch, über das grosselterliche Schlafzimmer oder zuletzt die öffentlichen Freibäder, gehören doch seine «Betenden Hände» oder die rätselhafte «Melancholia» inzwischen zum Standartrepertoire eines jeden Tattoostudios.
Die Graphische Sammlung ETH Zürich besitzt Albrecht Dürers druckgraphisches Werk nicht nur nahezu vollständig, sondern auch in beneidenswerter Qualität, darunter sogar Exemplare seiner raren Eisenradierungen und Kaltnadelarbeiten. Die Auswahl der Werke für die Ausstellung wird sich darauf konzentrieren, Dürers Relevanz für aktuelle Kunstdiskurse hervorzuheben und ihn als einen Künstler zu würdigen, dem es vor allem in seinem druckgraphischen Werk gelang, nicht allein Norm sprengend, sondern auch Mass gebend zu sein.
Kuratorin: Dr. Susanne Pollack, Graphische Sammlung ETH Zürich
Albrecht Dürer (1471-1528)
Nemesis
Kupferstich, 33.1 x 23 cm Inv.-Nr. D 807
Graphische Sammlung ETH Zürich
In der Mitte der 1980er Jahre sind in der westlichen Kunst verstärkte Hinwendungen zur geometrisch-abstrakten und rationalen Kunst festzumachen. In einem Aufsatz in der Zeitschrift «Kunstforum international» fasste Markus Brüderlin 1986 diese Tendenzen unter dem Schlagwort «Neue Geometrie» zusammen und prägte damit den Begriff. Das formale Charakteristikum dieser Bewegung war die Verwendung geometrischer, häufig farbig gefasster Grundformen, die nicht auf die Malerei beschränkt blieben, sondern auch in raumfüllenden Installationen oder filigranen Papierarbeiten aufgegriffen wurden.
In einer gemeinsam zu entwickelnden Präsentation soll der verbindende Einfluss der «Neuen Geometrie» im Werk der drei Künstlerinnen Claudia Comte, Athene Galiciadis und Andrea Heller aufgezeigt werden. In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass alle einen Bezug zu der Romandie haben – Comte und Galiciadis insbesondere zur L’école cantonale d’art de Lausanne (ECAL) –, wo diese Strömung im Unterschied zu der Deutschschweiz eine lange und reiche Tradition besitzt und mit Namen wie John Armleder, Francis Baudevin, Stéphane Dafflon, Philippe Decrauzat oder Olivier Mosset in Verbindung gebracht wird. Für einmal soll das in der Westschweiz zum Kürzel mutierte «NEOGEO» jedoch rein aus einer weiblichen Sicht thematisiert werden.
Raster, Regel, Repetition – bei allen drei Protagonistinnen dominiert das Muster als vielfältig zu variierende Grundanlage. Die drei Positionen sollen denn auch nicht separat präsentiert werden, sondern quasi «ineinander», so dass das Raster – ein zentrales Thema der Werke – auch als kuratorisches Prinzip zum Tragen kommen soll. Werke der drei Künstlerinnen, die sich bereits in der Sammlung befinden, sollen um neuere Arbeiten ergänzt werden, teilweise werden Zeichnungen und Drucke für die Ausstellung neu geschaffen. Geplant ist ausserdem die Herausgabe eines Künstlerinnenbuchs, so wie jeweils eine Edition in Zusammenarbeit mit dem Verein für Originalgraphik entstehen soll.
Kuratorin: Alexandra Barcal, Graphische Sammlung ETH Zürich
Er war ein prägendes Beispiel für klassisches Mäzenatentum: Georges Bloch (1901-1984). In Fachkreisen hatte er sich einen Namen damit gemacht, dass er sozusagen das gesamte druck-graphische Werk von Pablo Picasso besass und zudem als äusserst profunder Kenner das Werkverzeichnis von Picassos Drucken in vier Bänden herausgab. Der Künstler und der Sammler waren befreundet. Picasso schätzte das Fachwissen Blochs sehr tauschte sich regelmässig mit ihm aus.
Bloch, mit Jenny verheiratet und ohne Nachkommen, regelte noch zu Lebzeiten seinen Nachlass und wirkt dadurch über seinen Tod hinaus. 1972 schenkte er eine repräsentative Auswahl von über 470 druckgraphischen Blättern Picassos der Gottfried Keller-Stiftung mit der Auflage, dass sie auf acht Museen in der Schweiz verteilt werden sollten. Eines davon ist die Graphische Sammlung ETH Zürich. Der Sammler und Mäzen bestimmte, dass in regelmässigen Abständen eine Ausstellung zu seiner Donation umgesetzt werden solle. Nun übernimmt die Graphische Sammlung ETH Zürich mit Freude diese Aufgabe. Standen in früheren Präsentationen in anderen Museen thematische Schwerpunkte im Zentrum, so legt die Graphische Sammlung den Fokus auf die einzigartige Freundschaft zwischen Picasso und Bloch. So gross die Verdienste Blochs um Picassos Graphik waren, so unbekannt ist sein Wirken in der Schweiz ausserhalb der Fachkreise. Die Beziehungen Blochs zu Picasso und weiteren sollen daher im Zentrum stehen, nicht zuletzt auch diejenigen zur Graphischen Sammlung ETH Zürich.
Ein Katalog wird die Ausstellung begleiten.
Kuratorin: Dr. Linda Schädler, Graphische Sammlung ETH Zürich
Das Museo d’Arte Mendrisio wird parallel dazu ebenfalls eine Ausstellung organisieren, die den Drucken Picassos gewidmet ist.